Meine Beschäftigung mit diesem rebellischen Nest Spaniens ist noch jüngeren Datums und geht zurück auf eine Reise  im September 2016. Eine kulinarische Fährte war schon in Barcelona gelegt worden, wo das Restaurant „Bilbao“ im Stadtteil Gracia unmissverständlich klar macht, dass die Basken es mit den Tapas allemal aufnehmen und sogar mehr als nur Pintxos zubereiten können. Bei aller Traditionsfixiertheit scheint es – verglichen mit den freiheitsliebenden Katalanen – im Baskenland zum Thema Unabhängigkeit in den letzten Jahren aber eher still geworden zu sein. Und Angst vor baskischen Terroristen muss man inzwischen auch nicht mehr haben.

Wieder zurück stieß ich auf Ibon Zubiaur: Wie man Baske wird. Über die Erfindung einer exotischen Nation. Der Autor, gebürtiger Baske aus Getxo, einem Vorort von Bilbao, war von 2008 bis 2013 Leiter des Instituto Cervantes in München und lebt inzwischen als freier Übersetzer in Berlin. In seinem unterhaltsamen Essay zeigt er an der eigenen Biographie, welch sonderbare Blüten der baskische Nationalismus, dieses historisch gewachsene, geradezu verbissene Abgrenzungsbedürfnis gegen alles, was spanisch ist, in seiner Heimat getrieben hat und bescherte mir dabei so manches Aha-Erlebnis. Einen der bissigsten Seitenhiebe gegen den lokalen Chauvinismus landet er, wenn er der baskischen Literatur abspricht, überhaupt eine Tradition zu haben. Den großen Roman Bilbaos  habe nämlich ein Valencianer geschrieben…

Vicente Blasco Ibañez gehört zu den klassischen Schriftstellern in der Tradition des französischen Naturalismus, die mit quasi-wissenschaftlicher Akribie die sozialen Verwerfungen im ausgehenden 19. Jahrhundert sezieren. Am Beispiel des Industrie-Magnaten Pedro Sanchez Morueta und seiner Familie portraitiert Blasco-Ibañez im Roman El intruso (1904) lebendig den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg der industriellen Unternehmerelite Bilbaos auf Kosten einer dramatischen Verelendung der spanischen Arbeitsmigranten. Die wachsende Feindseligkeit der lokalen Bevölkerung gegen diese „Eindringlinge“ wird zur Keimzelle des baskischen Nationalismus. Ganz besonders schlecht kommt in diesem „Jesuitenroman“ übrigens die Kirche weg. Um so etwas zu schreiben, musste man schon militanter Republikaner aus Valencia sein. Der Heilige Ignatius von Loyola war jedenfalls Baske.

 

Der Kitt: Mark Kurlansky: Historia vasca del mundo

Kirmen Uribe: Lo que mueve el mundo

Fernando Aramburu: Patria

Edurne Portela: El eco de los disparos („Das Echo der Schüsse“)